Zur Info ein Artikel vom Leiter der Vogelwarte Radolfzell,
Dr. Wolfgang Fiedler
Max-Planck-Institut für Ornithologie
Max Planck Institute for Ornithology
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Schlossallee 2
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Information:
Vogelgrippe und Vögel im heimischen Garten
Dr. Wolfgang Fiedler
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Fax: 00 49-(0) 7732 / 1501-69
fiedler@orn.mpg.de
Stand: 23. Februar 2006
Leider kommt es im Zusammenhang mit der Angst vor der Vogelgrippe derzeit
immer wieder zu vollkommen überzogenen und unvernünftigen Reaktionen gegenüber
der heimischen Vogelwelt. Bedingt durch die große Verunsicherung in der
Bevölkerung wird leider oft übersehen, dass wir es bei der Vogelgrippe mit einer
Krankheit zu tun haben, die Vögel befällt und daher in erster Linie von Vögeln
selbst und – aus wirtschaftlichen Gründen – von den Menschen gefürchtet werden
muss, die ihr Geld mit der Geflügelhaltung verdienen. Für die übrige Bevölkerung
besteht keine realistische Gefahr. Das derzeit in Diskussion stehende Vogelgrippevirus
H5N1grassiert seit 1997 im Lebensraum von mehr als einer Milliarde Menschen
und hat dennoch in dieser Zeit weltweit weniger als 200 Menschenleben
gekostet. In derselben Zeit starben alleine in Deutschland 63.000 Personen im
Straßenverkehr und rund 100.000 Personen an den Grippeformen, die speziell
den Menschen und nicht die Vögel befallen. Derzeitige Vertreibungsaktionen gegenüber
Vögeln sind also völlig unverhältnismäßig, unangebracht und darüber
hinaus auch illegal.
Im Zusammenhang mit der Vogelgrippe wird von Fachleuten eine so genannte
Pandemie, also eine Erkrankung sehr vieler Menschen, für denkbar gehalten. Diese
Pandemie ist aber nur dann möglich, wenn sich das Virus verändert und dann
von Mensch zu Mensch weitergegeben werden kann. Ab diesem Augenblick spielen
aber unsere Mitmenschen die entscheidende Rolle als Infektionsüberträger
und nicht die Vögel. Weiterhin ist völlig unklar, ob das H5N1-Virus überhaupt die
Möglichkeit hat, sich zum Pandemie-Erreger weiterzuentwickeln und im Moment
handelt es sich bei den Ausbrüchen nach wie vor um nichts weiter als eine Geflügelkrankheit.
Überwiegend aus den genannten wirtschaftlichen Gründen und zum Schutz der
Vögel selbst wurden von den Behörden auf Bundes- und Landesebene verschiedene
Reglementierungen zur Seuchenbekämpfung getroffen, die unbedingt zu beachten
sind. Nach wie vor haben aber auch alle Jagd- und Naturschutzgesetze ihre
volle Gültigkeit und es ist weder gestattet, Nester geschützter Vögel (beispielsweise
von Schwalben oder Störchen) zu zerstören noch Vögel selbst zu töten oder
zu verletzen. Bei streng geschützten und jagdbaren Vogelarten ist darüber hinaus
auch das Stören und Vertreiben wie bisher gesetzlich verboten.
Alle Menschen, die bisher am Vogelgrippevirus erkrankt sind, hatten sehr engen
Kontakt mit erkranktem Hausgeflügel. Die Infektion eines Menschen über Wildvögel
wurde bisher nie nachgewiesen. Sie ist auch deswegen unwahrscheinlich, weil
der Kontakt mit Wildvögeln überhaupt nicht so eng sein kann, wie mit Hausgeflügel
– einzige Ausnahme ist der intensive Umgang mit toten Wildvögeln bis hin zu deren
Verzehr ohne ausreichendes Erhitzen (mindestens 70° C).
Als reine Vorsichtsmaßnahme erscheint es derzeit sinnvoll, den Kontakt mit den
beiden Hauptrisikogruppen soweit möglich zu reduzieren. Hierzu gehören Wasservögel
(Enten, Gänse, Schwäne) und Vögel, die sich von kranken oder toten Wasservögeln
ernähren (beispielsweise Möwen und einige Greifvogelarten). Das bedeutet,
dass man vorerst solche Vögel weder lebend noch tot in die Hände nehmen
sollte, wenn man keine entsprechende Schutzkleidung trägt. Eine Annäherung
stellt – soweit die Vögel das überhaupt zulassen – überhaupt keine Gefahr
dar.
Auch von Kleinvögeln, Tauben, Eulen oder Störchen geht derzeit keine Gefahr
aus. Zwar können alle Vogelarten an Vogelgrippe erkranken, wie im Laborversuch
bei vielen Arten durch künstliche Infektion mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 gezeigt
wurde, jedoch besteht nur für wenige Arten das Risiko, dass sie im Freiland
überhaupt mit dem Virus in Kontakt kommen. Auch in den schweren Ausbruchsgebieten
in Südostasien erkranken längst nicht alle Wildvögel im Umkreis der befallenen
Vogelbestände. Schwer betroffen sind bisher immer nur Schwäne, Enten
oder Gänse.
Trotz umfangreicher Untersuchungen wurde das H5N1-Vogelgrippevirus bisher nie
in einem Storch, einer Schwalbe oder einer Meise gefunden. Auch bei wildlebenden
Eulen konnten keine Vogelgrippefälle nachgewiesen werden. Singvögel sind
fast nie Träger von Vogelgrippeviren. Unter den Ausnahmen befinden sich vor allem
Sperlinge und Stare, die in China und Südostasien im unmittelbaren Umkreis
von massiv von Vogelgrippe befallenen Geflügelhaltungen gefunden wurden und
die sich offensichtlich dort erst an Hausgeflügel infiziert haben.
Von Tauben ist bekannt, dass sie zwar auch am Vogelgrippevirus erkranken können
und dann vor allem über den Kot für eine bestimmte Zeit Viren ausscheiden
können, jedoch zeigte sich in Laborversuchen, dass diese Mengen ausgeschiedener
Vogelgrippeerreger nicht einmal ausgereicht haben um empfindliche Hühner
zu infizieren – geschweige denn dass diese Dosis irgend eine Bedrohung für den
Menschen darstellen würde. Gleiches dürfte nach bisherigen Berichten infizierter
Wildvögel unter anderem auch für die anderen Singvogelarten und den Storch
gelten. Generell scheiden befallene Wildvögel viel weniger Viren aus als befallenes
Hausgeflügel, so dass ihr Kot eine viel geringere Infektionsgefahr birgt. Dennoch
wäre es falsch, Vogelkot oder auch Vogelfedern im Moment als generell un-gefährlich
zu bezeichnen, denn selbst wenn von beiden keine ernstzunehmende
Infektionsgefahr für den Menschen ausgeht, so besteht doch eine Infektionsgefahr
für andere Vögel und damit die Gefahr einer Ausbreitung der Seuche.
Trotz der Vogelgrippemeldungen spricht also überhaupt nichts dagegen, einen
kühlen Kopf zu behalten und sich weiterhin uneingeschränkt über die Vögel in unseren
Gärten und Parks zu freuen.
Quellen u.a.: Robert-Koch-Institut, Friedrich-Löffler-Institut, Max-Planck-Institut für
Ornithologie, Europäische Union.
ViSdP Dr. Wolfgang Fiedler, Radolfzell.
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